Ernest Biéler (1863–1948 )

Der Maler François Bocion erkannte sein Talent und so durfte Biéler mit siebzehn Jahren auf dessen Anraten in Paris studieren, wo er die Académie Julian und die Académie Suisse besuchte. Er kopierte in dieser Zeit Bilder im Louvre und skizzierte Strassenszenen, hin- und hergerissen zwischen dem die Atmosphäre erkundenden Impressionismus und der eleganten grafischen Gestaltung des Jugendstils. Biéler beschäftigt sich in seinem Werk immer wieder mit dem Licht und wie es sich im Bild bewegt. Den Anstoss dafür erhielt er, als er einer der vielen Ausstellungen und Salons in Paris besuchte.

Als er im Sommer 1884 seine Ferien in Sitten verbringt, rät ihm Raphaël Ritz einmal nach Savièse hochzusteigen, um das ursprüngliche Wallis zu erleben. Von dort kehrt er mit zahlreichen Porträts und Skizzen nach Paris zurück, die ihm die Ausarbeitung seines vom Impressionismus geprägten Meisterwerkes "Pendant la messe à Saint-Germain en Savièse" (1886) ermöglichen. Dieses findet grossen Anklang bei der Weltausstellung 1889, wodurch auch die Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam wird. Zwei Jahre vorher (1887) findet bereits seine erste Ausstellung im Pariser Salon statt. Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, illustriert Biéler unter anderem Romane von Émile Zola und Victor Hugo, und nimmt auch Porträtaufträge an.

Ab 1900 lässt sich Biéler in Savièse nieder und gründet dort mit anderen Künstlern, die wie er vom Charme des Ortes angezogen sind, die Gruppe Schule von Savièse. Seine Bildmotive sind von da an von dieser kleinen Walliser Gemeinde geprägt, welche von grossartigen Bergketten umgeben ist. Das Dorf wirkt wie eingebettet in den Gebirgszügen, was aber nicht zu einer Minderung der Lichtspiele durch die Sonne führt. 1909 verlegt er seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Paris und heiratet die Französin Michelle Laronde. Ein schönes Jugenstil-Porträt seiner Frau "La femme en bleu" (1913) befindet sich im Museum der Schönen Künste in Lausanne. Das Paar lebt gemeinsam in Paris bis zum Krieg, 1921 lassen sie sich scheiden. Bereits 1917 kehrt Biéler endgültig in die Schweiz zurück. Er verheiratet sich 1928 neu mit Madeleine de Cérenville. Das Paar teilt sein Leben zwischen ihren Domizilen in Savièse und Montellier-sur-Rivaz, wo Biéler 1917 ein altes Winzerhaus erworben hat. Das grosse Atelier ermöglicht ihm dort die Ausarbeitung grosser dekorativer Werke, die seinen Ruf sichern. Darunter die Glasfenster für die Kirchen Saint-François in Lausanne, Saint-Martin in Vevey und Saint-Germain in Savièse; die Deckengemälde in der Victoria Hall in Genf und dem Berner Stadttheater sowie die Mosaike in Vevey, in Savièse, dem Rathaus von Locle und die Fresken im Museum Jenisch in Vevey und im Saal des grossen Rates in Sitten.

Biélers Schaffenszeit umfasst rund 65 Jahre. Sein Werk weist dabei eine Bandbreite und Vielfalt auf, die selten sind. Die Mannigfaltigkeit seiner Kunst hebt ihn gleichzeitig von seinen Kunstgenossen ab. Die Kreation grosser dekorativer Ensemble, das Interesse am handwerklichen Aspekt seiner Kunst und den Vorrang, den er dem Zeichnen einräumt, reiht ihn in die Bewegung des Jugendstils ein, von der die symbolistische Komposition "L'Eau mystérieuse" (1911) eines der Meisterwerke ist.

Ernest Biéler verdient es zu den sehr begabten Künstlern der ersten Jahrhunderthälfte gezählt zu werden. Er gehört zu einer Generation von Schweizer Malern wie Cuno Amiet, Giovanni und Augusto Giacometti, Félix Vallotton und Max Buri, die sich Ende der 1890er Jahre durchsetzt und die Kunst der damaligen Zeit tiefgreifend erneuert. Biéler wurde in Frankreich im Zusammenhang mit den europäischen Avantgarde-Bewegungen ausgebildet, gleichzeitig beschäftigte er sich in seinem Werk mit Sujets in Anlehnung an die Schweizer Geschichte und Kultur. Davon zeugen auch die Kostüme und Bühnenbilder, die er für die Fête des Vignerons in Vevey 1927 entwarf.

Am 25. Juni 1948 starb Biéler in Lausanne.

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